Der Online-Handel in der Schweiz floriert, wie der E-Commerce Report Schweiz 2018 zeigt. Schweizer haben 2017 im Vergleich zum Vorjahr etwa zehn Prozent mehr Produkte im Internet gekauft. Seit Jahren wird diskutiert, ob der stationäre Handel durch das wachsende Online-Geschäft bedroht und eines Tages gar komplett ersetzt werde. Dem widerspricht jedoch das Verhalten der Kunden, die nach wie vor auch stationär einkaufen wollen. Man kann in einem Geschäft Kleidung anprobieren, Elektronik ausprobieren, sich die Nägel machen oder Geräte reparieren lassen und Gespräche mit Experten und Markenbotschaftern führen. Einkaufen ist zudem immer noch eine beliebte Freizeitbeschäftigung.
Der Stellenwert des stationären Handels zeigt sich zudem am Verhalten der Marktteilnehmer. So macht zum Beispiel sogar Amazon als Online-Unternehmen mit seinen Amazon-Go-Shops einen Schritt in Richtung stationärer Handel. Aber nicht nur das: Tatsache ist, dass es nichts Besseres als persönliche Interaktionen gibt, um Markentreue aufzubauen. Ein Ladenlokal bietet also immer noch einige Vorteile gegenüber einem reinen Online-Konzept. Die klügsten Händler müssen sich also auch der Wichtigkeit der In-Store-Erfahrungen bewusst sein, um sich von ihren reinen Online-Konkurrenten abheben zu können.
Sollen Händler mehrgleisig fahren?
Es ist nicht neu, dass Händler ihren Kunden sowohl ein Online- als auch ein In-Store-Erlebnis bieten. Wichtig ist dabei jedoch, dass sich die Kundenerlebnisse über diese verschiedenen Kanäle hinweg verstärken, anstatt miteinander zu konkurrieren. Die nächste Evolution des Handels ist ein einheitliches Einkaufserlebnis: Ein ganzheitlicher Einkaufsansatz, der die Bedürfnisse der Kunden zu unterschiedlichen Zeitpunkten nahtlos erfüllt. Denn so wollen die Kunden heutzutage einkaufen. Der jüngste Bericht von «Salesforce Connected Shopper» zeigt, dass Kunden beim Einkauf keinen linearen Weg mehr einschlagen. Sie recherchieren online, um die besten Angebote und Produkte zu finden, bevor sie dann in einen Laden gehen. Digital versierte Millenials gehen mit ihrem digitalen Einkauf sogar noch einen Schritt weiter – fast ein Viertel der Millenials shoppt online während sie in einem Ladenlokal sind. Unabhängig davon, welchen Kanal der Kunde wählt um seinen Einkauf dann effektiv zu tätigen, das wichtigste für den Händler ist es, über alle Kanäle ein einheitliches Erlebnis zu ermöglichen.
Das kann in der Praxis etwa so aussehen: Eine Kundin betritt zum ersten Mal einen Laden, nennen wir ihn Beispiel AG, und kauft sich dort ein paar Jeans. Der Verkäufer gibt ihr eine digitale Quittung, die ihre E-Mail-Adresse erfasst und ein Kundenprofil erstellt, auf welches die Marketing-, E-Commerce- und Service-Abteilungen Zugriff haben. Einen Tag später erhält die Kundin eine automatisch generierte E-Mail vom Marketing, die ihr ein rotes Top empfiehlt, welches andere Kunden oft zusammen mit der Jeans gekauft haben. Die Kundin kauft das Top zwar nicht, aber sie besucht den Online-Shop der Beispiel AG und setzt ein Paar schwarze Pumps auf ihre Wunschliste. Als die Kundin am darauffolgenden Wochenende den Laden erneut passiert senden ihr die Location-based Services der Beispiel AG ein Angebot – 10 Prozent Rabatt auf die Pumps, die sie sich angeschaut hat – direkt auf ihr Handy. Während sie diese kauft, nutzt der Verkäufer die erfassten Kundendaten mittels einer sogenannten Clienteling-Lösung auf seinem Tablett, um Produktempfehlungen zu geben, weitere Daten über ihre Präferenzen zu erfassen und sie für das Loyalitätsprogramm der Beispiel AG anzumelden.
Die Kundin ist sehr zufrieden mit dem Service-Level der Beispiel AG, doch nach einer Woche löst sich eine Sohle an ihren Schuhen. Frustriert tut sie ihre Enttäuschung auf Twitter kund, inklusive Bildbeweis. Das Social Listening Tool der Beispiel AG nimmt den Tweet auf und erstellt automatisch einen Kundenservicefall. Innerhalb einer Stunde tritt die Beispiel AG mit der Kundin in Kontakt. In Kenntnis der Kaufhistorie und der persönlichen Daten der Kundin ist der Servicemitarbeiter in der Lage, schnell Ersatz für den direkten Versand an die hinterlegte Adresse zu organisieren. Die Kundin ist zufrieden und berichtet erneut auf Twitter, dieses Mal aber von einem sehr gelungenen Erlebnis.
Die Rolle der Technologie im Unified Retail
Wie das vorherige Beispiel gezeigt hat, spielt die Technologie und deren richtiger Einsatz eine grosse Rolle im Unified Retail. Da sich der Wettbewerb im Handel vor allem um die Kundenzufriedenheit dreht, werden oftmals neue Technologien eingesetzt, um den Kunden ein optimales Einkaufserlebnis zu bieten. Solche Technologien kommen im Moment vor allem im Online-Handel zum Einsatz, etwa durch personalisierte Produktvorschläge oder Reminder-Mails, wenn man noch Artikel im Warenkorb hat. Doch durch den Einsatz von technologischen Hilfsmitteln können solche Erlebnisse auch im stationären Handel umgesetzt werden, etwa durch die Nutzung mobiler Geräte. Über ein mobiles Endgerät können die Mitarbeiter auf die Daten der einzelnen Kunden zugreifen, ihre Fragen vor Ort beantworten, nicht vorrätige Artikel ausfindig machen und Zahlungen und Bestellungen entgegennehmen. Kurz gesagt: Indem man seinen Shop-Mitarbeitern die nötige Technologie zur Seite stellt um in Echtzeit auf die Kunden-Informationen zuzugreifen, kann eine bequeme und einzigartige Erfahrung für den Kunden geschafft werden.
Die intelligente Nutzung von Daten kann Firmen auch dabei helfen, ein effektives 1:1-Marketing zur Unterstützung des einheitlichen Einzelhandelsmodells zu betreiben. Versierte Unternehmen heben die Personalisierung dank prädiktiver Analysen auf ein neues Level. Sie nutzen Erkenntnisse aus Online- und In-Store-Shopper-Daten, um dieselben Kunden über alle Kanäle hinweg zu begeistern. So können Kunden etwa personalisierte Angebote und Promotionen in einem Laden erhalten, die auf ihrer Online-Suchhistorie basieren. Künftig werden Einzelhändler vielleicht sogar damit beginnen, die Preise auf der Grundlage der Interaktions- und Servicehistorie des Kunden sowie der Nachfrage, der Produktpreisentwicklung, der Aktivitäten der Wettbewerber und der Lagerbestände zu personalisieren. Dadurch können Preise automatisch gesetzt werden, um auf Marktveränderungen in Echtzeit zu reagieren und den Kunden das beste Angebot und den besten Preis gegenüber jedem anderen Händler zu bieten.
Ein Blick in die Zukunft
Händler werden in Zukunft auch vermehrt auf virtuelle und erweiterte Realität (Virtual und Augmented Reality) setzen, um ein interaktives Einkaufserlebnis zu schaffen. Ein gutes Beispiel bietet das britische Fashion-Unternehmen Topshop, welches seinen Kunden mit Oculus Rift VR-Headsets die Möglichkeit gegeben hat, an der Londoner Fashion Week in der Front Row des Catwalks zu sitzen. Auch das schwedische Möbelhaus IKEA nimmt eine Pionier-Rolle ein und nutzt AR-Technologie. Mittels einer App können Kunden Möbel und Dekorationsgegenstände in ihr eigenes Zuhause projizieren und herausfinden, ob der Artikel gut in ihre eigenen vier Wände passen würde. Unternehmen, die ihren Kunden diese Art von Erlebnis und Zusatznutzen bieten, erhalten natürlich auch etwas zurück: Die Loyalität, das Engagement und die Begeisterung ihrer Kunden.
Ob Händler die Interaktion mit ihren Kunden im Ladenlokal beschleunigen, die Personalisierung der Kundenansprache vorantreiben oder neue Technologien wie VR und AR nutzen; Wichtig ist das beim Einsatz der Technologie das Kerngeschäft nicht auf der Strecke bleibt. Service, Vertrieb, E-Commerce und Marketing sollten für ein Geschäft immer im Mittelpunkt stehen. Firmen sollen Technologien nicht um jeden Preis nutzen, sondern sich überlegen, wie sie diese nutzen können um ein nahtloses Kundenerlebnis über alle Kanäle zu schaffen.
Über den Autor
Guntram Friede* ist Head of Marketing Schweiz & Österreich bei der Firma Salesforce. Als Head of Marketing Schweiz & Österreich bei Salesforce unterstützt Guntram Schweizer Start-ups, KMUs und Grossunternehmen dabei, die digitale Transformation erfolgreich zu meistern. Sein Ziel: ihnen zu helfen, diese Wellen des Wandels erfolgreich zu meistern. Im heutigen Zeitalter müssen Schweizer Unternehmen - von Banken und Life Sciences über E-Commerce und Luxus - durch den Einsatz der richtigen Technologie und Tools kundenorientierter werden.
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