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Unternehmen und Märkte

«Sind näher beim Kunden als andere»

Puresense-Firmengründerin Rabea Rageth und ihr Ehemann Carlos Rageth, der zusammen mit seiner Frau das Online-Naturkosmetikunternehmen leitet.
Bild: zVg

Das Grosse Interview:

Die Firma Puresense AG wurde 2013 gegründet. Das Unternehmen vertreibt seither erfolgreich hochwertige Naturkosmetikprodukte – ausschliesslich online. HANDEL HEUTE unterhielt sich mit José Carlos Rageth, der die Firma zusammen mit seiner Frau Rabea leitet.

Dieses Interview wurde erstmals in der HANDEL-HEUTE-Printausgabe, Nummer 5-2017, publiziert.


Interview: Robert Altermatt


Anlässlich der Online Marketing Konferenz in Bern imm August 2017 hielt Carlos Rageth, Firmen-Mitgründer der Firma Puresense AG, ein spannendes Kurzreferat zum Thema Online-Marktplätze. Dabei erzählte er auch von seinen (positiven) Erfahrungen, die er als Händler der ersten Stunde mit dem Schweizer Online-Marktplatz Siroop gemacht hat. HANDEL HEUTE traf den Puresense-CEO in St. Gallen zum Gespräch.

Herr Rageth, bitte beschreiben Sie Ihre Firma Puresense AG und nennen Sie uns deren zentrales Geschäftsmodell.
José Carlos Rageth, Puresense.ch ist der führende Online-Shop für Naturkosmetik in der Schweiz. Wir sind ein reiner Online-Händler; führen jedoch mit über 2500 Artikeln (vermutlich) das grösste Sortiment an zertifizierter und naturnaher Kosmetik in der Schweiz. Wir verstehen uns als Naturkosmetik-Experten. Heisst im Klartext: Wir verkaufen nicht nur die Produkte, sondern der Kunde kann sich an uns wenden, wenn er unsicher ist oder sich beraten lassen möchte. Das geschieht übrigens täglich; per E-Mail oder per Telefon. Ausserdem unterhalten wir ein eigenes Lager in der Schweiz, das garantiert, dass wir innert eines Tages die Bestellung ausliefern können.

Was gibt es sonst noch zum Geschäftsmodell zu sagen?
Wie bereits erwähnt, führen wir ein grosses Sortiment an Naturkosmetikartikeln – das war von Anfang an unsere Strategie! Mit wenigen Produkten wird es eher schwierig, Kunden für sich zu gewinnen. Vor allem Top-Seller-Produkte bringen uns Umsatz, wir bieten aber auch ganz bewusst Produkte an, die man nicht an jeder Ecke findet. So führen wir in unserem Sortiment teilweise Nischenprodukte, die es in der Schweiz exklusiv nur bei uns gibt. Das wiederum erzeugt Mehrwert für unsere Kunden, weil sie etwas Neues entdecken. Besonders die weibliche Kundschaft liebt es zu entdecken und zu stöbern. Es gibt jedoch auch eine Kehrseite: Ein grosses Sortiment kann die Konsumenten auch überfordern. Hierzu bieten wir aber Hilfe an, indem wir einerseits technologisch mit Filterkriterien, Suchfunktionen etc. Unterstützung anbieten, andererseits mit unserem Telefonservice, der übrigens rege genutzt wird.

Kurz und prägnant – welche Dienstleistungen erbringt Ihr Unternehmen?
Unser Portfolio umfasst die Beratung der Kundschaft (E-Mail oder Telefon), eine Rückgabe-Garantie ohne Wenn und Aber (14 Tage), die Bemusterung von Produkten, wenn Unsicherheit besteht und die Lieferung innerhalb eines Tages in der Schweiz mit A-Post.

Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee, Naturkosmetikprodukte online anzubieten und zu vertreiben?
(lacht...) Die Idee stammt nicht von mir, sondern von meiner Frau Rabea. Nachhaltigkeit ist ein riesiges Thema, dass bei der Ernährung begonnen hat und seit geraumer Zeit auf alle anderen Lebensthemen übergreift; so auch die Kosmetik. Da wir selber uns schon seit Jahren mit dem Thema «Nachhaltigkeit» auseinandersetzen (auch gerade wegen unserer Kinder), war es naheliegend und logisch Naturkosmetik anzubieten. Ausserdem ist meine Frau Rabea gelernte Heilpraktikerin – ich selber komme aus der E-Commerce-Ecke. Meines Erachtens sind das zwei Kompetenzen, die sich optimal ergänzen. Erlauben Sie mir eine Klammerbemerkung: Sehr viele Start­ups werden von Frauen, insbesondere auch von Müttern, gegründet. Jedenfalls kam dann nach der Geburt unseres ersten Kindes Rabea auf mich zu und teilte mir mit, dass sie gerne unternehmerisch tätig sein möchte, unter der Bedingung, dass sich das in der Kombination Kind–Beruf vereinbaren lasse. In einem spontanen Anflug beschloss meine Frau: «Dann gründe ich als Heilpraktikerin einen Webshop für Naturkosmetik!» Gesagt, getan. Sie hat in der Folge die Idee mit voller Energie umgesetzt. Weil meine Frau bereits nach kurzer Zeit alle Hände voll zu tun hatte, bin ich ein halbes Jahr später dazugestossen und unterstütze sie seither.

Weshalb haben Sie sich ausschliesslich für Online entschieden?
Das war und ist für ein Startup-Unternehmen mehr eine finanzielle Frage. Investitionen in ein stationäres Geschäft lösen doch erheblichen Mittelbedarf aus, und es war leichter, das Geschäft online zu starten. Wir sind jedoch offen, unser Geschäftsfeld zu erweitern und beispielweise in Kooperation mit einem stationären Handel zusammen zu arbeiten.

Wieso soll ich mich als Kunde für Naturkosmetikprodukte entscheiden?
Die Frage ist einfach zu beantworten. Viele herkömmliche Kosmetikprodukte arbeiten mit Inhaltsstoffen, die problematisch sind und Allergien auslösen können. So beinhalten zum Beispiel konventionelle Konditioner oft mehr als 50 Prozent Silikone. Das ist letztlich nur Augenwischerei – und je mehr man sich informiert, wird man feststellen, dass man keine Chemie auf seiner Haut und seinen Haaren haben möchte, sondern authentische, naturbelassene Wirkstoffe. Der Konsument möchte heutzutage wissen, was an Inhaltsstoffen in einem Produkt enthalten ist und von woher das Erzeugnis stammt. Unabdingbar dabei ist Transparenz.

Als reiner Online-Anbieter werben Sie auf Ihrer Website mit folgender Aussage: «Naturkosmetik von puresense.ch bedeutet: Fachgerechte Beratung, ausgewählte Qualität sowie eine hohe Kundenorientierung». Ich frage: Fachgerechte Beratung und Online – wie passt das zusammen?
Ich verstehe, dass Sie diesbezüglich etwas skeptisch sind. Übrigens ist das eine vielgestellte Frage. Mit der Zeit weiss man, auf was es in diesem Geschäft ankommt. Wir wissen, dass wir nicht ein medizinischer Beratungsservice sind, und so empfehlen wir bei so genannten «Grenzfällen» den Gang zum Arzt. Das ist dann der Fall, wenn jemand wirklich ernsthafte medizinische Probleme hat.
Wir sind der Meinung, dass durch einen Austausch am Telefon, aber auch per E-Mail die meisten relevanten Fragen, beantwortet werden können. Was bleibt, ist dann nur noch das Haptische beziehungsweise das Riechen. Im Fall, dass sich die Kundin oder der Kunde unsicher fühlt, können wir ihm auch vorab ein Muster zustellen und er oder sie kann die Produkte und Texturen austesten. Erst wenn der Kunde sich sicher fühlt, kann/soll er online einkaufen… und sich die Produkte kostenlos und bequem nach Hause liefern lassen. Mir ist es zudem wichtig zu betonen, dass wir bei unzufriedenen Kunden sehr kulant sind und dass diese jederzeit ihre bestellte Ware an uns zurückschicken können. Das passt auch zu unserer Philosophie, mit der wir nachhaltig Kunden für uns gewinnen und behalten wollen.

Puresense ist als einer der ersten Händler überhaupt auf dem Online-Marktplatz Siroop präsent. Wie fällt die bisherige Bilanz aus?
Wir waren der fünfte Händler auf dieser Plattform, hinter der mit Coop und Swiss­com zwei Firmen stehen, die über viel Kapital verfügen. Mir war von allem Anfang an klar, dass dieses Startup viel Werbung generieren und in der Schweiz schnell präsent sein wird. Insofern  benötigte ich nur fünf Minuten Bedenkzeit, um mich auf das «Abenteuer» Siroop einzulassen. Zurück zu Ihrer Frage: Wir sind mit Si­roop.ch sehr zufrieden. Wir konnten die Gunst der Stunde mit Siroop von Anfang an nutzen und von der Aufmerksamkeit, die dieser Online-Marktplatz in der Schweiz erzeugt hat und immer noch erzeugt, profitieren. Wir sind froh, dass es Marktplätze wie Siroop in der Schweiz gibt. Wir sprechen mit Siroop übrigens eine jüngere Zielgruppe an, als dass wir dies mit unserem eigenen Webshop tun. Wir brauchen letztlich solche Marktplätze, um weitere Reichweite zu generieren. Puresense wird regelmässig von anderen Marktplätzen angefragt; wir überlegen uns sehr genau, ob und auf welchen anderen Plattformen wir künftig teilnehmen.

Wie gelangen Kunden überhaupt auf den Webshop von puresense.ch?
Unser Marketingkonzept ist klar auf Online-Medien ausgerichtet. Wir bespielen vor allem Online-Medien und sind in den Sozialen Medien präsent. So arbeiten wir zum Beispiel mit Bloggern zusammen. Eine andere Option ist, dass wir auch gerne mit Firmen zusammenarbeiten, die im stationären Handel Events veranstalten. Dabei machen wir die Leute auf unsere Dienstleistungen aufmerksam.

Wieviel Umsatz generieren Sie über Ihren eigenen Webshop, wieviel über Siroop?
Zahlen kann ich keine nennen. Wir erzeugen aber immer noch bedeutend mehr Umsatz über unseren eigenen Shop als über Marktplätze wie etwa Siroop. Etwa zehn Prozent unseres Umsatzes generieren wir mit Siroop.

Puresense führt ganz bewusst ein eigenes Lager mit mehr als 2500 Artikeln. Warum?
Roland Brack vom Online-Pionierunternehmen brack.ch sagt: «Wir sind in erster Linie Logistik-Spezialisten.» Das ist etwas, das mich persönlich beeindruckt hat und uns dazu verleitet hat, ein eigenes Lager aufzubauen und dieses explizit mit eigenen Angestellten zu betreiben. Der Nutzen (Qualitätskontrolle, schneller Versand, sorgfältige und liebevolle Verpackung etcetera) ist für den Kunden spürbar. Ausserdem stellen wir fest, dass wir teilweise noch liefern können, wenn andere Marktteilnehmer, die ein Streckengeschäft betreiben, ausgeschossen sind. So machen wir zuweilen auch Feuerwehrübungen, indem unsere Mitarbeitenden beispielsweise ein einzelnes Paket höchstpersönlich zum Schalter der Schweizerischen Post bringen. Langfristig betrachtet ist das Führen eines eigenen Lagers in meinen Augen absolut die richtige, weil nachhaltige Strategie.

Welche Intention steht hinter der Namensgebung «Puresense»?
Das ist ein Wortspiel. «Pure» = rein und «sense» = Sinn. Die Ideengeberin war meine Frau Rabea. Sie hat diesen Namen kreiert. Ich denke, er sagt in diesem Sinne viel aus, wie wir unser Geschäft verstehen.

Ein allfälliger Einstieg von Puresense in stationäre Läden – ist das zum jetzigen Zeitpunkt denkbar?
Grundsätzlich ja; jedoch – aufgrund unserer Grösse und unserer finanziellen Möglichkeiten – ist dies im Moment nur zusammen mit einem Partner denkbar.

Was ist das Alleinstellungsmerkmal von Puresense?
Wir sind die Naturkosmetik-Experten. Das heisst, diejenigen mit der grössten Auswahl und der besten Beratung in der Schweiz. Letztlich gibt es nur einen einzigen Indikator im Markt, und das ist der Kunde. Bereits bei meiner früheren Tätigkeit bei nettoshop.ch hatte ich folgende Erfahrung gemacht: Wenn man wirklich wissen möchte, ob man als Firma gut oder schlecht agiert, dann muss man zuerst den Kunden fragen. Das Feedback der Kundschaft lässt in der Regel nicht lange auf sich warten. Aus diesem Grund prüft Puresense regelmässig die Zufriedenheit der Kunden. Aktuell liegt diese bei über 99 Prozent. Wenn man sich als Firma konsequent auf das Kundenbedürfnis (Produkt, Beratung, Dienstleistung) ausrichtet, ist man auf dem richtigen Weg. Bei einem Kleinunternehmen wie Puresense das im Moment (noch) ist, sind die Kommunikationswege kurz und eine Entscheidung ist schnell gefällt.

Was sind die wichtigsten Zielmärkte und Kunden von Puresense?
Wir beliefern in erster Linie die Schweiz… und natürlich sind Frauen im besten Frauenalter unsere Hauptkunden. Wir haben aber mittlerweilen auch Anfragen aus den USA, Australien, Deutschland, Italien, Israel usw.

Was macht Ihre Firma besser als Ihre Mitbewerber?
Ich denke, dass wir einerseits näher beim Kunden sind als andere. Und wir reagieren schneller auf neue Trends. Wir sind in der Lage – aufgrund der eigenen Logistik und des eigenen Lagers – schneller den Kunden zu beliefern, und wir führen Produkte, die exklusiv sind in der Schweiz. Ausserdem ist die Qualität der Artikeldarstellung im Shop extrem hoch.

Wie sieht eigentlich Ihr persönliches Einkaufsverhalten aus? Online oder eher klassisch offline?
Da wir wenig Zeit haben, kaufen wir sehr gerne und oft online ein. Wir achten jedoch darauf, dass wir in unserem Dorf auch regelmässig beim Metzger oder Bäcker vorbeischauen. Wenn wir dies nicht tun würden, würde dieses Angebot früher oder später verschwinden und das wäre schade und ein Verlust für unseren Wohnort. Wir tun das, gerade auch im Bewusstsein, weil die Auswahl womöglich kleiner ist und die Angebote teurer sind. Ich habe insbesondere als Online-Händler überhaupt kein Interesse, dass das stationäre Geschäft verschwindet! On- und Offline sind zwei Welten, die nebeneinander bestehen und die es beide braucht.

Was bereitet Ihnen an Ihrer Arbeit am meisten Freude?
Der Dienst am Kunden und die Freude, die uns der Kunde zurückgibt, wenn wir sein Bedürfnis bestmöglichst befriedigen konnten. Unsere Absicht ist es, unseren Kunden mit einem schönen Produkt eine Freude zu bereiten. Wenn wir das erreichen, umso besser.


www.puresense.ch