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Unternehmen und Märkte

Schweiz ist noch immer keine Insel

Schweiz ist noch immer keine Insel
Die Schweiz verfügt bei verschiedenen internationalen Organisationen über eine ständige Vertretung.
Bild: iStock/MicroStockHub/Rawf8

Die Schweiz nimmt in der globalen Wirtschaft einen Spitzenplatz ein. Zum Erfolgsrezept gehören die Internationalität und ein konstruktiver Umgang mit Handelspartnern. Was international tätige Führungspersönlichkeiten und Einkäufer über Rahmenbedingungen, Abkommen und Strategien wissen müssen.

Für ein kleines, rohstoffarmes Land wie die Schweiz ist die Internationalisierung unerlässlich, um das Wohlstandsniveau zu erhalten. Mit der schweizerischen Aussenhandelspolitik werden Exporteure und Importeure unter anderem durch den Abschluss von Freihandelsabkommen sowie dem Engagement in zahlreichen internationalen Organisationen, beispielsweise durch die Mitgliedschaft in der WTO und EFTA, zielgerichtet unterstützt.

Die Schweiz verfügt bei verschiedenen internationalen Organisationen wie UNO, WTO, EFTA, OECD, OSZE, UNESCO, NATO und Europarat über eine ständige Vertretung, eine so genannte Mission, oder über eine ständige Delegation. Zudem beherbergt die Schweiz zahlreiche internationale Organisationen (aktuell 25, davon 22 in Genf) und Konferenzen. Ebenso nehmen wir Einsitz in politischen Gremien in internationalen Organisationen, wie gegenwärtig unter anderem in der UNICTRAL (Kommission der UNO für internationales Handelsrecht).

Wir sind somit in ein Netz von soliden internationalen Rahmenbedingungen eingebunden, das uns aus Sicht des Importeurs und Exporteurs verbesserten Marktzugang ermöglicht – sei es durch konkrete Zollersparnisse oder den Zugang im öffentlichen Beschaffungswesen. Die aktuelle Wirtschaftslage gefährdet diese bisher stabilen Rahmenbedingungen.

Zoll, Handelskriege und Compliance

Nachdem Trumps drastische Zollerhöhungen für chinesische Importe in den USA am 10. Mai 2019 in Kraft traten und Chinas Reaktionen garantiert folgen werden, zeigen sich im Welthandel mittlerweile deutliche Bremsspuren. Diese Machtkämpfe, aber auch der Brexit zeigen uns auf, wie wir zwischen Protektionismus und Liberalisierung hin- und herschwanken.

Zudem weisen die Sanktionsmassnahmen der USA gegen Huawei auf ein weiteres Thema der unternehmerischen Compliance hin, das jedes schweizerische Unternehmen direkt betrifft. Hiesige Unternehmen müssen unter anderem aufgrund der unternehmerischen Sorgfaltspflicht ihre Geschäftspartner, aber auch die eigenen Produkte mindestens auf die vier Eckpfeiler der Exportkontrolle hin prüfen, um den Worst Case zu verhindern. Dies können Bussen, Sanktionierungen, Sperrung von Geschäftskontis bis hin zum Ausschluss vom Handel sein. Massgebend hierfür sind insbesondere folgende Fragen, die mittels eines internen Kontrollprogramms beantwortet werden sollten: Wohin liefere ich? Was liefere ich? Wen beliefere ich? Wozu wird die Ware eingesetzt? Wie stelle ich sicher, dass meine Geschäftspartner «sauber» sind und meine Produkte nicht für andere als zivile Projekte eingesetzt werden können? Im neuen Seminar von procure.ch erhalten die Teilnehmenden dazu wertvolle Praxistipps.

Strategisches Grundwissen über Zölle und Zollprozesse ist somit auch für die Geschäftsleitung unabdingbar. Themen wie Zoll, Freihandelsabkommen und Exportkontrolle von «Dual Use»-Gütern, Sanktionen und Embargos gehören zwingend auf die Agenda der unternehmerischen Compliance, genauso wie der Aufbau von internem Wissen durch entsprechende Personalentwicklungsmassnahmen. Nur dadurch kann die rechtzeitige Reaktion auf Umweltein-flüsse sichergestellt werden.

Bedeutung der WTO für die Schweiz

Die World Trade Organisation (WTO) mit Sitz in Genf ist eine zentrale Organisation, die mit globaler Reichweite die Spielregeln von Handels- und Wirtschaftsbeziehungen unter den Mitgliedsstaaten festlegt. So sollen Handelshemmnisse abgebaut und der Handelsaustausch vereinfacht werden. Durch WTO-Prinzipien wie Nichtdiskriminierung, Meistbegünstigung und der Reziprozitätsklausel ist ein gleichberechtigtes, kooperatives Verhalten wie auch Transparenz der Handelsbeziehungen sichergestellt. Zudem werden mittels Streitschlichtungsbehörde Handelsstreitigkeiten beigelegt. Insbesondere kleinere und mittlere Volkswirtschaften profitieren von dem Regelwerk. Die Schweiz spricht sich als Mitglied klar für die Stärkung dieses Handelssystems aus, denn durch den Abbau von Handelsbarrieren profitieren Schweizer Unternehmen von einem verbesserten Marktzugang. Dabei sind weitere Marktöffnungen für die Schweiz essenziell. Der Streitschlichter der Welt­wirtschaft steht jedoch stark unter Beschuss. Die WTO droht im Handelskonflikt zwischen den USA und dem Rest der Welt Schaden zu nehmen. Es droht sogar die Beschlussunfähigkeit des Streitschlichtungsgremiums. Auslöser sind auch hier die USA und deren Bedenken bezüglich des Ernennungsverfahrens von Mitgliedern des Berufungsgremiums, deren Amtszeiten sich dem Ende zuneigen. Ein delikates Konstrukt, das im neuen Seminar von procure.ch durchleuchtet wird.

Bedeutung der Freihandelsabkommen

Freihandelsabkommen (FHA) erfüllen zwei wichtige Ziele. Sie erleichtern den Zugang zu wichtigen Absatz- und Beschaffungsmärkten durch den Abbau von Handelshemmnissen. Zudem ermöglichen sie die Verminderung oder Beseitigung möglicher Diskriminierungen. Das dichte Netz von FHA der Schweiz wird bilateral und im Rahmen der EFTA abgeschlossen. Dabei bietet die EFTA für die Schweiz bisher den idealen Rahmen für den Abschluss solcher Abkommen. Wir sichern uns durch den raschen Abschluss von FHA auch einen wesentlichen Vorsprung im Weltmarkt gegenüber unserem starken Mitbewerber und Nachbar, der EU. Bis anhin bezeichne ich die Schweiz daher gerne als Weltmeisterin im Abschluss von Freihandelsabkommen. Diese Position ist jedoch bedroht. So hat beispielsweise die EU erst kürzlich mit Japan ein viel moderneres Abkommen (JETA) abgeschlossen. Zudem verhandelt die EU gleichzeitig wie wir mit den wirtschaftlich bedeutenden Mercosur-Staaten Argentinien, Paraguay und Uruguay, und dies sehr zügig. Der Mercosur ist die fünftwichtigste Wirtschaftsregion der Welt. Würde die EU vor uns ein Abkommen abschliessen, würden wir klar ins Hintertreffen geraten. Dasselbe gilt für Länder wie Vietnam und Mexiko. Auf der Streitbank steht die schweizerische Marktöffnung im Agrarbereich.

Die Inhalte der Freihandelsabkommen bieten international tätigen Unternehmen erhebliche und direkte Einsparmöglichkeiten: Zölle können weltweit zwischen 0 Prozent bis hin zu 80 Prozent vom Warenwert ausmachen. Werden Produkte im Rahmen von Freihandelszonen geliefert, kann in der Schweiz beim Warenimport direkt durch das Unternehmen eine Zollbegünstigung beantragt werden. Dies ist besonders wichtig im Export: Durch ein gezieltes, unternehmerisches Ursprungs-Management-System kann der Kaufpreis für den Kunden massiv gesenkt werden. Davon profitieren vor allem KMU’s.

* Die Autorin Claudia Feusi ist Geschäftsführerin der ZFEB+ Zollschule.ch