Dieses Interview wurde erstmals in der HANDEL-HEUTE-Printausgabe, Nummer 1-2018, publiziert.
Interview: Robert Altermatt
HANDEL HEUTE: Welche Rot- und Weissweine hat Provins 2017 am besten verkauft?
Raphaël Garcia: Unser «Chanteauvieux» aus der Provins-Produktlinie «Charte d’Excellence» ist der in der Schweiz von uns bestverkaufte Rotwein. Er zeichnet sich aus durch eine liebliche Fülle, die in allen Altersgruppen und bei allen Geschlechtern hervorragend ankommt. Bei den Weissweinen führt unser Klassiker, der «Fendant». Er ist sicher einer der beliebtesten Schweizer Weine, der sich im Sommer wie im Winter bestens trinken lässt. Der meistverkaufte Weisswein in der Schweiz ist unser Domherrenwein (Grand Dignitaires), dessen herrliches Aroma unübertroffen ist.
Was ist das zentrale Geschäftsmodell von Provins?
Unsere 1930 gegründete Genossenschaftskellerei ist mit einem Marktanteil von zehn Prozent der grösste Schweizer Weinproduzent. 20 Prozent der gesamten Walliser Weinproduktion kommt von Provins. Wir werden von 3200 Mitgliedern, die mit grösstem persönlichem Einsatz die berühmte Walliser Erde und ihre Weinberge bearbeiten, getragen. Diese sonnenbeschienenen Terrassenhänge sind Ausdruck des Walliser Erbes. Provins stehen insgesamt 800 Hektar Rebberge (von total 4850 im Wallis) zur Verfügung, die sich durch eine grosse Vielfalt auszeichnen. Unser junges Önologen-Team arbeitet in zwanzig Produktlinien für total 110 Weine von Provins. Damit beliefern wir alle wichtigen Schweizer Marktsektoren: Die Grossverteiler, die Gastronomie aller Qualitätsstufen und eine wachsende Zahl von Privatkunden. Wir werden auch im Export immer stärker. Schweizer Weine aus den Alpen sind eine Attraktion.
Was sind die wichtigsten Zielmärkte von Provins?
Jede zehnte Flasche Wein, die in der Schweiz konsumiert wird, kommt von Provins. Seit bald neunzig Jahren ist die Schweiz unser wichtigster Absatzmarkt. Daher schätzen wir die gute Zusammenarbeit mit dem Grosshandel, dessen Qualitätsansprüche im Weinhandel auch enorm angestiegen sind. Mit ihm decken wir in guter Zusammenarbeit nach strengen Qualitätskriterien den ganzen Schweizer Markt ab. Das in der Schweiz sehr hohe Niveau der Gastronomie ist für uns ein idealer Absatzkanal, wo unsere Qualitätsansprüche sich mit denen der Gastronomen decken. Immer wichtiger werden auch die oft sehr wohlhabenden, immer aber anspruchsvollen Privatkunden, die sich mit einem Wein von Provins zur Schweiz bekennen – und ihre Gäste damit erfreuen. Für sie produzieren wir jährlich im Schnitt 7,5 Millionen Flaschen Wein. Das Wallis und die Westschweiz bleiben sehr wichtige Zielmärkte, sind wir doch Teil der Walliser und Westschweizer Kultur.
Welche Bedeutung hat der Deutschschweizer Markt für Ihr Unternehmen?
Wie die Deutschschweizer das Wallis lieben, lieben sie auch Provins und unsere Weine. Sie können keine Schweizer Gemeinde besuchen, ohne dort unsere Weine zu finden. Das ist Teil der Tradition und unser Weg, der in die Zukunft führt. Mit einem durchschnittlichen Umsatz von Provins von 60 Millionen Franken pro Jahr ist der Deutschschweizer Markt für uns heute schon wichtig. Morgen soll er es noch mehr werden, denn wir haben Wachstumsziele. Die Deutschschweiz, um es deutlich zu sagen, ist unser wichtigster Wachstumsmarkt. Dafür haben wir die besten Voraussetzungen geschaffen: An der letzten Expovina in Zürich haben wir zahlreiche Medaillen erhalten, darunter diejenige des «Ausstellers des Jahres». Natürlich bleibt die Deutsche Schweiz eine grosse Herausforderung, da in dieser Landesregion ausländische Weine sehr beliebt sind. Heute bieten wir die richtige Qualität, um unseren Marktanteil zu steigern.
Wie behauptet sich Provins gegen die ausländische Konkurrenz?
In den Metropolitan-Regionen der Deutschschweiz, vor allem Zürich, Basel und Bern, leben 40–50 Prozent Ausländer. Sie sind im Begriff, die Schweizer Weine zu entdecken, auch die von Provins. Wir Schweizer selber lieben, mehr denn je, lokale und regionale Produkte. Wir haben umweltfreundliche Weine aus dem Wallis, nicht solche, die aus aller Welt mit grossem Aufwand in die Schweiz transportiert werden müssen. Sie können uns im Wallis besuchen, unsere Winzer und Weinberge. Das ist Schweizer Qualität von hohem Rang. Eines dürfen wir nicht vergessen: Unsere Preise sind sehr konkurrenzfähig.
Was sind die wichtigsten Unternehmensziele von Provins?
Wir wollen unsere Anbaufläche von bisher 800 Hektaren auf tausend Hektare vergrössern. Ich denke, dass dies bei wachsenden Anforderungen an alle Winzer möglich sein wird. Wir wollen damit unseren Umsatz steigern, verlangt der Weinbau doch bestimmte Grössenordnungen, um auf Dauer konkurrenzfähig bleiben zu können.
Voraussetzung dafür ist die Sicherheit, immer über eine grosse Zahl an Trauben von hoher Qualität zu verfügen. Sie erreichen wir durch eine laufende Erneuerung der Weinberge und den Kauf neuer Parzellen. Für die Produktion unserer Weine verfügen wir über eine der modernsten Technologien, die der Schweizer Markt bietet. Für Abfüllung und Vertrieb stehen uns die besten Partnerfirmen zur Verfügung.
Voraussetzung ist auch die finanzielle Unabhängigkeit des Unternehmens. Unter der Leitung unseres Präsidenten des Verwaltungsrates, Pierre-Alain Grichting, haben wir in den letzten vier Jahren einen «turnaround» vollzogen und die Gewinne der Winzergenossenschaft laufend verbessert. Unsere Eigenmittel sind auf über 50 Prozent des Kapitals angestiegen; das sind gute Voraussetzungen für künftige Investitionen.
In den Geschäftsjahren 2016/17 haben wir trotz einer tiefen Ernte im Jahr 2017 einen Gewinn von 1,27 Millionen Franken und einen Cashflow von 3,2 Millionen Franken ausgewiesen. Gleichzeitig hat Provins 2 Millionen Franken in seine Weinberge und in die Infrastruktur investiert.
Was erachten Sie als Ihre grössten Herausforderungen?
Eine der grössten Herausforderungen für uns ist es, die Präsenz von Provins in der Deutschschweiz wieder zu steigern. Trotz des grossen Goodwills, den wir dort geniessen, waren wir lange Zeit nicht präsent genug. Deshalb haben wir den Verkauf dort ausgebaut –und die ersten Erfolge sind sehr ermutigend. Wir müssen auch unseren Bekanntheitsgrad in dieser dynamischen Landschaft wieder steigern. Deshalb sind wir eine Partnerschaft mit der Schweizer Eishockey-Liga eingegangen. In diesem Jahr wollen wir in Zürich einen Showroom eröffnen, gefolgt von einem «concept store» an einem strategisch richtig gelegenen Ort.
Was macht Provins besser als die Mitbewerber?
Wir haben eine unschlagbare Vielfalt an Rebsorten: den «Petite Arvine», der nach dem Wallis duftet, den «Heida», ein Walliser Erfolgsprodukt der Spitzenliga, den «Cornalin», ein Wein globaler Spitzenklasse, oder den «Humagne Rouge», dessen Karriere erst begonnen hat. Wie berühmte internationale Weinspezialisten gesagt haben, sind Walliser Weine Weltklasse. Mit zwei mehrfach ausgezeichneten Spitzenweinen, dem «Eclat» und dem «Electus» von Valais Mundi, wird dieses Urteil bestätigt. Der Kunde, der Weintrinker, ist unsere letzte Instanz. Er entscheidet darüber, ob das Glas oder die Flasche und deren Inhalt ihm gefallen. Darauf sind wir ausgerichtet, indem wir auf allen Stufen des Unternehmens unsere Kunden laufend befragen: «Wie schmeckt Dir unser Wein?» Die Antworten, die wir hören, sind gut.
Welche Innovationen prägen den Weinmarkt?
Wir sind sehr aufmerksam, wenn es darum geht, dem Kunden und dessen Wünschen zu folgen. Will er einen üppigen Wein, der seinen Gaumen wie seinen Magen füllt oder einen Wein mit geringem Alkoholgehalt? Immerhin müssen wir auch berücksichtigen, dass der Weinkonsum durch die öffentliche Kontrolle behindert wird. Wo sind die Grenzen? Dann müssen wir Verpackung, Verteilung und öffentlichen Auftritt gestalten. Wir sind einer der aktivsten Schweizer Weinproduzenten auf diesem Gebiet und nehmen laufend Anlässe wahr, wie zum Beispiel die Veranstaltung «Illuminarium» in Zürich.
Wie stark wird der Online-Shop von Provins genutzt?
Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen, seit wir im April 2017 den neuen Online-Shop von Provins aufgeschaltet haben. Die Kunden sind durstig nach neuen und attraktiven Angeboten, die wir laufend ergänzen. Ich denke, wir werden dort noch mehr investieren.
Wie entwickeln sich bei Provins der stationäre Handel und der Online-Kanal?
Der stationäre Handel bleibt dominierend, denn der nahe Kontakt zum Kunden ist sehr wichtig. Weil das Vertrauen in unsere Marke wächst, sind wir auch mit dem Online-Kanal sehr zufrieden. Seit dem Start der neuen Website, haben sich dort unsere Umsätze verdreifacht. Dieser Trend weist kontinuierlich nach oben.
Kann der Online-Handel dereinst einen Anteil von über 50 Prozent erzielen?
Nein, das ist nicht realistisch. Man kauft Wein nicht wie Kleider, Schuhe oder Apparate für den Haushalt. Wer Wein kauft, will ihn verkosten, will ihn riechen und die Flasche berühren, die Etikette sehen und beurteilen. Online-Verkäufe sind daher erst möglich, wenn das Produkt dem Käufer bekannt ist. Im Allgemeinen macht dies nicht mehr als 6–8 Prozent aller Verkäufe aus.
Welche Rolle spielt die Digitalisierung für Provins?
Wir können diesem Prozess, wie andere auch, nicht widerstehen. Er ist unumkehrbar. Unser Provins-Shop ist nur ein Beispiel dafür. Wir nutzen die Digitalisierung, um einen engen Kontakt zu unseren Kunden zu halten, vor allem auch den jungen. Die sozialen Netze, Newsletters oder ERP-Tools helfen uns, diesen Kontakt zu wahren und zu intensivieren. Wir stehen mitten in dieser digitalen Entwicklung, die unsere Mitarbeiter enorm fordert. Morgen müssen wir voraussehen, welche Käufe unsere Kunden tun möchten. Dazu müssen wir sie perfekt kennen. Wir müssen, das ist keine Kleinigkeit, unsere Parzellen über Geo-Satelliten beobachten. Sie sehen daran, was ein Walliser Winzer alles braucht, um erfolgreich zu sein.
Was interessiert Sie persönlich am Wein? Ist es der Geschmack, das Sinneserlebnis, der Alkohol?
Was mich vor allem an unseren Produkten interessiert, ist das Versprechen der Emotion. Der Genuss von Wein bietet eine einzigartige Erfahrung, das Leben zu erleben. Er ist eine Quelle immer neuer Erfahrungen und Erlebnisse. Jeden Tag ist er mit mir, sei es mit Kunden, Önologen oder Kritikern, die mir helfen, besser zu werden.
Wie kaufen Sie persönlich Ihren Wein ein – stationär im Laden oder online?
Meist degustiere ich den Wein, bevor ich ihn kaufe. Unsere Weine von Provins unterziehe ich vor dem Kauf immer der gleichen Probe. Manchmal gehe ich auch ins Internet, wo ich eine Entdeckung mache oder ich eine Referenz finde und sie prüfe.
www.provins.ch