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Unternehmen und Märkte

Online-Shopper zunehmend anspruchsvoller

In Bezug auf Online-Käufe sind Konsumenten in letzter Zeit wählerischer geworden - immer wichtiger werden für Verbraucher Aspekte wie etwa Versandtempo und Lieferkosten.
Grafik: Pixabay

Laut einer aktuellen Studie der globalen Unternehmensberatung Alix Partners ist der weltweite E-Commerce-Markt auf bestem Wege in eine neue Entwicklungsphase. Denn die Konsumenten sind anspruchsvoller geworden – ging es anfänglich vor allem um Auswahl und Bezahlsicherheit im Netz, so sind längst die Geschwindigkeit und die Kosten der Lieferung ausschlaggebend. Zudem spielen künftig die Versandoptionen und Zusatz-Services eine immer grössere Rolle.

«Kunden erwarten heute Lieferoptionen, die ihren Lebensumständen entsprechen. Für Onlinehändler steigen damit die Anforderungen an die Logistik», sagt Beatrix Morath, Managing Director bei Alix Partners und Country Head Schweiz.

Für die Studie «Alix Partners Home-Delivery Shopping Survey 2019» wurden jeweils mehr als 1000 Konsumenten in Deutschland, dem Vereinigten Königreich, den USA, China und Japan befragt – die Ergebnisse lassen sich aber im Wesentlichen auf die Schweiz übertragen, meint Retail-Expertin und Alix Partners-Direktorin Cornelia Brühwiler: Ähnlich wie die Deutschen, von denen 53 Prozent ihre Online-Kaufentscheidung zu einem erheblichen Teil von der Möglichkeit zur kostenlosen Lieferung und Rückgabe abhängig machen, und wie die US-Amerikaner (72 Prozent) und Briten (57 Prozent) würden die Schweizer zu den anspruchsvollsten Online-Kunden zählen. Die weltweit maximal akzeptierte Liefertoleranz für kostenlose Sendungen (drei bis vier Tage) sowie die gewachsene Präferenz für eine möglichst breite Auswahl bei den Versandoptionen seien auch in der Schweiz bedeutende Themen. Weitere Resultate aus Deutschland zeigen, dass die Liefergeschwindigkeit für die Online-Shopper immer wichtiger wird. Die Möglichkeit zur Lieferung am gleichen Tag ist für fast 40 Prozent der deutschen Kunden ein wichtiges Auswahlkriterium für ein bestimmtes Online-Shoppingangebot; bei Lebensmittel und Frischwaren erwarten 43 Prozent ein Zeitfenster von unter einer Stunde.

 

Wettbewerbsvorteil stationäre Lieferstruktur

In der Schweiz hat der Online-Handel laut Erhebung des Verbands des Schweizer Versandhandels (VSV ASVAD), der Schweizerischen Post und der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK Switzerland) im vergangenen Jahr allein im B2C-Segment Umsätze in Höhe von 9,5 Milliarden Franken erwirtschaftet – das entspricht einem Wachstum von rund 10 Prozent gegenüber 2017. Trotz der enormen Zuwächse belasten die Logistik- und Retourenkosten weiter die Margen der Händler. Für den Onlinehandel gewinnen deshalb zunehmend dezentrale Warenlager, City-Hubs und die Filiale an Bedeutung, um den wachsenden Kundenanforderungen gerecht zu werden. Sie ermöglichen hier stationären Händlern einen Wettbewerbsvorteil, um Wachstum im Onlinehandel zu generieren.

Die Schweiz hat mit insgesamt über 3000 Supermärkten und 1000 Discountern sowie fast 3000 Convenience Stores ein enges Filialnetz mit der Möglichkeit zur Nutzung als dezentrale Waren- und Zustelllagern für den Online-Handel. Die Filialen liegen oft in Bestlagen und somit nah am Kunden, um kürzeste Lieferzeiten zu ermöglichen und Zustellkosten zu senken. «Die meisten Online-Bestellungen erfolgen an Werktagen erst nach 19 Uhr. Um kurze und verlässliche Lieferzeiten zu gewährleisten, sollten die Ladenlokale gezielt als dezentrale Versand- und Abholzentren nach Ladenschluss genutzt werden. Das senkt auch die Kosten für Expresszustellungen erheblich», so Beatrix Morath. Und die Konsumenten honorieren das Angebot: In Deutschland etwa wuchs der Anteil derjenigen, die beabsichtigen, Online-Bestellungen auch in der Filiale abzuholen, um Waren schneller zu erhalten und Versandkosten zu vermeiden, um fünf Prozentpunkte auf 77 Prozent. Jedoch haben nur 60 Prozent der Kunden, die diese Option im vergangenen Jahr in Anspruch nahmen, damit auch gute Erfahrungen gemacht.


Unternehmen stehen trotz dieser strukturellen Optionen vor massiv wachsenden Anforderungen an die Steuerung von Angebot und Logistik. Beliebte Produkte können nah am Kunden vorgehalten und innerhalb weniger Stunden geliefert werden. Zentralwarenlager decken das weitere Produktangebot ab und bieten flexible Lieferoptionen, zu denen zunehmend auch die Abholung aus der Filiale zählt. «Die letzte Meile zum Kunden entscheidet über das Qualitätsempfinden und die Kundenbindung beim Online-Einkauf. Hier steigt der Optimierungs- und Veränderungsdruck für die E-Commerce-Anbieter und ihre Logistikpartner enorm. Zudem entstehen kurz vor dem Eintreffen beim Kunden die meisten Fehler und gleichzeitig auch die höchsten Lieferkosten. Grund genug, hier gezielt über neue Wege zum Kunden nachzudenken», empfiehlt Cornelia Brühwiler.

 

Immer öfter grosse Produkte gefragt

Die aktuelle Umfrage zeigt auch: Online-Kunden kaufen neben Klassikern wie Mode, Bücher und Elektronik zunehmend grosse und sperrige Produkte. 40 Prozent der in allen Ländern Befragten haben schon einmal Möbel, Haushalts- und Elektrogrossgeräte oder grossformatiges Outdoor-Equipment im Netz bestellt. Dabei erwarten sie – gegen Extra-Bezahlung – oft auch Zusatzdienste wie beispielsweise Aufbau oder Anschluss. Bei Lebensmitteln bleiben aber die Deutschen im Gegensatz zu China, Grossbritannien, den USA und Japan weiterhin skeptisch. Als Hauptgrund geben 54 Prozent der deutschen Kunden ihre Bedenken bezüglich Qualität und Frische der Waren beim Online-Einkauf an. «Auch hier ticken die Schweizer wie ihre Nachbarn. Die Handelskonzerne und ihre Logistikpartner sind umso mehr aufgefordert, innovative Ansätze zu entwickeln, um hohe Lieferkosten zu vermeiden sowie eine hohe Qualität zu gewährleisten», sagt Beatrix Morath.