INTERVIEW
Patrick Kessler und Saskia Tönnesmann, Sie haben in Gesprächen mit Experten den «New Normal» im Handel diskutiert. Wie sehen die Experten die Frequenzentwicklung im stationären Handel?
Patrick Kessler: Tendenziell geht man aufgrund des erhöhten Homeoffice-Anteils von leicht sinkenden Frequenzen aus. Einzelne Sortimentsanbieter sehen aber auch Frequenzen, welche auf dem Vor-Corona Niveau zu liegen kommen. Insbesondere bei wertigen oder komplizierten Produkten sieht man weniger Frequenzveränderungen als bei einfachen, eher preiswerten Angeboten.
Können Händler Frequenzen auf die Fläche zurückholen?
Saskia Tönnesmann: Gewisse Frequenzen können über gezielte digitale Kommunikation generiert werden. Lokale Kampagnen von Google wurden geschaffen, um alleinig stationäre Frequenzen zu steigern. Kunden recherchieren online aber kaufen auch noch stationär, daher ist es wichtig jede Aktivität zu messen – etwa mit dem Ladenbesuch-Reporting von Google.
Wir empfehlen zudem mit unserem Customer Match Format stationäre Kunden datenschutzkonform digital anzusprechen.
Unterscheidet sich der Kunde bewusst für einen stationären und gegen einen online Einkauf?
P. Kessler: Nein, der Kunde denkt darüber in den wenigsten Fällen nach. Er bedient sich situativ dort, wo es für ihn gerade am besten passt. Entsprechend plädieren wir bei den Händlern für eine solche Sichtweise: Es ist egal über welchen Kanal der Kunde zu mir gelangt und einkauft.
Hauptsache er kauft bei mir. Die Digitalisierung bietet Händlern zudem jetzt auch die Möglichkeit, stationäre Verkäufe mit vorherigen digitalen Touchpoints zu verbinden.
Haben sich die Konsumenten in den letzten Monaten wirklich verändert? An welchen Tatsachen machen Sie Ihre
Beobachtungen fest?
S. Tönnesmann: Einerseits haben Kunden aufgrund der Teilschliessungen online eingekauft, gerade da wo sie normalerweise stationär eingekauft haben. Daher haben Omnichannel-Händler online unglaubliche Wachstumsraten hingelegt. Andererseits sehen wir, dass sich das Suchverhalten laufend ändert: Suchanfragen mit vermehrt emotionalen Fragewörtern sind gewachsen.
Der stationäre Einkauf ist aufgrund der pandemischen Unsicherheit auf einmal zu einem rationalen Akt verkommen, online einkaufen war sicher und man hat damit viel Zeit verbracht. Man könnte auch von einem Paradigmenwechsel sprechen.
Was raten Sie den stationären Händlern für das anstehende Weihnachtsgeschäft?
P. Kessler: Der Händler muss akzeptieren, dass der Kunde hybrid unterwegs ist. Man kann heute getrost behaupten, dass nur wer digital präsent ist, auch existiert. Die Mehrheit der Non-Food-Einkäufe startet heute digital – und da muss man den Kunden abholen. Die Kundin oder der Kunde, die in den Laden kommen, sind meistens hervorragend informiert und wissen ziemlich gut, was sie wollen.
Entsprechend wichtig ist, dass das Verkaufspersonal zudem für diese Herausforderung gerüstet ist und dem Kunden echten Mehrwert bietet. Ist dem nicht mehr so, wird der Kunde das nächste Mal entweder einen anderen stationären Händler suchen oder es gleich online bestellen.