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Unternehmen und Märkte

Gotthard: Der Handel braucht die zweite Röhre

Am 28. Februar stimmt die Schweiz darüber ab, ob es eine zweite Röhre für die Sanierung des längsten Strassentunnels der Alpen geben wird. Bundesrat und Parlament haben sich für diese Lösung entschieden. Der Handel ist von dieser Lösung abhängig. Der Tessiner Grossrat – das Kantonsparlament des Kantons Tessin – fordert in einem Appell den Bau einer zweiten Tunnelröhre am Gotthard. 60 der 90 Grossräte haben gestern in der Ratssitzung ein entsprechendes Dokument unterschrieben. Damit stützt das Tessin den Ein- satz der Tessiner Regierung, die sich stark für ein Ja einsetzt. Gemäss Umfragen des Mei- nungsforschungsinstituts gfs sagen im Tessin auch 76% der Stimmberechtigten Ja zur zweiten Gotthardröhre.

 

Die Schweizer Wirtschaft braucht die zweite Gotthardröhre. Vor allem im Güterhandel ist die Strasse heute noch immer unverzichtbar. Auch der Gütertransport über die Schiene wird rege genutzt. Doch nur gemeinsam lassen sich heute die logistischen Aufgaben im Handel bewältigen. Letztlich geht es um die Versorgungsleistung des Handels. Zudem würden mit einer Ablehnung einer zweiten Röhre während der Sanierung massiv Arbeitsplätze in Handelsunternehmen gefährdet, die ihren Waren durch den Gotthard transportieren. 

Eine zweite Gotthardröhre ist auch für die Zukunft des Schweizer Strassenverkehrs alternativlos. Unsere Verfassung garantiert, dass in Zukunft nicht mehr Verkehr durch den Gotthard fliesst. Ein zusätzlicher Tunnel schafft daher vor allem mehr Sicherheit im Strassenverkehr und ermöglicht eine bessere Instandhaltung und Sicherung der Investition. Zukünftige Generationen, die sich erneut mit einer Sanierung des Tunnels auseinandersetzen müssen, werden entlastet. Es ist illusorisch, den gesamten Verkehr auf die Schiene zu verlegen. Das gibt dieses Verkehrsmittel nicht her.

Für den Verlad sämtlicher Last- und Personenwagen möchte das Referendumskomitee teure Anlagen in den engen Alpentälern bei Biasca/Airolo und Erstfeld/Göschenen bauen. Dafür werden über Jahre eine Fläche von 22 Fussballfeldern benötigt. Die Gegner des Tunnels fordern zusätzlich riesige Terminals in Basel und Chiasso. Der Bau, Betrieb und Rückbau der Verladeanlagen kostet mehr als der Bau einer zweiten Röhre. Dabei genügen die Kapazitäten der Verladelösungen noch immer nicht, 1’000 Stunden Stau pro Richtung und Jahr sind fix eingeplant. 

Die hierdurch verursachten Kosten verteuern die Produkte des Schweizer Handels. Einen weiteren Kostendruck neben hohen Löhnen und hohen Mieten verträgt es im Schweizer Handel nicht. Unsere Unternehmen sind auf einen barrierefreien Zugang zu den Märkten angewiesen. Im Vergleich zu hausgemachten Regulierungen sind die Kosten durch verstopfte oder nicht nutzbare Infrastruktur noch einmal höher. Hier werden Arbeitsplätze in der grössten privatwirtschaftliche Branche der Schweiz aufs Spiel gesetzt.

Die Lage im Tessin

Für das Tessin ist die Abstimmung über die Sanierung des Gotthard-Strassentunnels vom 28. Februar 2016 eine Schicksalsabstimmung. Ohne zweite Röhre würde der Südkanton während Jahren vom Rest der Schweiz abgeschnitten. Für Wirtschaft und Gesellschaft hätte dies massive negative Konse- quenzen. Die Standortattraktivität im Tessin wäre stark gefährdet. Arbeitsplätze gerad in peripheren Gebieten würden verschwinden. Im Tourismus würde für die sehr wichtigen Gäste aus dem Norden ein riesiges Hindernis aufgebaut.

Mit ihrem Appell im Kantonsparlament für eine zweite Röhre stellen sich jetzt 2/3 der Tessiner Parla- mentarierinnen und Parlamentarier offen hinter ein Ja zur zweiten Röhre. Sie stärken damit die Positi- on der Tessiner Regierung, die sich stark für eine Sanierung mit einer zweiten Röhre einsetzt. Erst am Montag schlug Gesundheitsdirektor Paolo Beltraminelli in der Zeitung Blick Alarm. Die Gesundheits- versorgung der Tessiner Bevölkerung in medizinischen Notfällen kann ohne zweite Röhre und nur mit Verladevarianten nicht sichergestellt werden. Gerade für Notfalltransporte bei Frühgeburten sei man auf eine sichere und funktionierende Verbindung zum Referenzspital in Luzern zwingend angewiesen. Aufgrund schwieriger Wetterverhältnisse können Notfälle während rund eines Drittels des Jahres nicht geflogen werden.

„Die Abstimmung über die Sanierung des Gotthard-Strassentunnels ist auch eine Abstimmung über den nationalen Zusammenhalt, sagt Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbever- bandes. „Wir können es uns nicht leisten, einen ganzen Kanton während Jahren zu isolieren. Schon nur deshalb braucht es ein Ja zur zweiten Gotthardröhre am 28. Februar 2016.“