Das kontaktlose Bezahlen ist auf dem Vormarsch. Viele kleinere Händler sind aber noch immer skeptisch. Dabei bietet E-Payment viele Vorteile und noch mehr, wie uns Marc Schluep von Worldline genauer ausführt.
Interview:
Marc Schluep, die Konsumenten haben sich in den letzten zwei Jahren an das kontaktlose Bezahlen gewöhnt und wollen es nicht mehr missen. Kleinere KMU, Restaurants und Händler hatten bisher Berührungsängste. Ist das noch so?
Wir waren während der Pandemie, aber auch in den letzten Monaten mit einer stark zunehmenden Nachfrage nach digitalen Bezahllösungen konfrontiert, gerade auch von vielen kleineren Händlern. Einerseits haben sie die Vorzüge des bargeldlosen Zahlungsverkehrs entdeckt. Andererseits erwarten die Konsumenten heute, dass sie überall mit Karte oder Mobiltelefon bezahlen können.
Was sagen Sie einem Retailer, der etwas Angst vor all den versteckten Gebühren beim E-Payment hat?
Die Gebührenstrukturen für bargeldlose Zahlungen sind sehr transparent. Dies trifft insbesondere auf kleinere Händler zu. Sie entscheiden sich in der Regel für ein Preismodell, das für ihre Transaktionen unabhängig von deren Zusammensetzung einen einheitlichen Preis vorsieht – im Fachjargon wird hier von «Blended Pricing» gesprochen. Der Händler bezahlt damit für Kredit- oder Debitkarten, alternative Zahlungsmittel oder internationale Transaktionen jeweils den vereinbarten Kommissionssatz.
Und was raten Sie einem Business Owner, der es nicht so mit Technologie und der digitalen Welt kann?
Die Akzeptanz von Karten- oder mobilen Zahlungen ist heute nicht mehr kompliziert. Nach der Vertragsunterzeichnung können unsere Kunden im stationären Handel schon nach kurzer Zeit ein Kartenterminal in Betrieb nehmen. Für den Internet-Handel können sie die Integration mittels Anleitung selbst vornehmen oder dies durch ihre Webshop-Anbieter umsetzen lassen, die teilweise bereits integrierte Lösungen für die Zahlungsabwicklung anbieten.
Wie wichtig ist da in der neuen Payment-Welt das Mobile?
Das Mobiltelefon ist aus der Welt des Bezahlens bereits heute nicht mehr wegzudenken. Das trifft insbesondere für die Konsumenten zu, die es zunehmend schätzen, mobil zu bezahlen und auf das Portemonnaie zu verzichten. Aber auch für Händler werden wir demnächst ein Angebot lancieren, um Kartenzahlungen mit dem Mobiltelefon abzuwickeln. Dabei kann der Händler eine kostenlose Worldline App herunterladen und kontaktlose Zahlungen entgegennehmen.
Was werden denn die handfesten Vorteile für kleine Stores beim bargeldlosen Zahlen in Zukunft sein?
Durch die rasch voranschreitende Digitalisierung wird der reine Bezahlvorgang vermehrt nahtlos in die gesamte «Customer Journey» eingebettet. Das sehen wir schon heute anhand zahlreicher Beispiele: Im Restaurant ist es möglich, einen QR-Code zu scannen, das Menu zu bestellen und auch gleich zu bezahlen.
Bei Coop ist die Treuekarte direkt mit der Bezahlmethode Twint verknüpft; in der SBB-App kann ich mein Zahlungsmittel hinterlegen und Tickets schnell und einfach mobil kaufen. Solche Vorzüge werden künftig immer mehr auch kleineren Händlern zur Verfügung stehen, was schlussendlich Mehrwert für die Kunden schafft.
Und die Margen-Angst – bleibt die?
Dank transparenter Preisgestaltung verfügen die Händler über eine gute Grundlage für ihre Margenkalkulation. Ferner ist zu beachten, dass Bargeldzahlungen auch Kosten mit sich bringen und ausserdem mit Risiken verbunden sind. Letztere werden bei elektronischen Zahlungen grösstenteils vom Zahlungsabwickler getragen. Und schliesslich erwartet heute die Mehrheit der Konsumenten, bargeldlos bezahlen zu können.
Sie haben in der letzten Dekade die ganzen Entwicklungen wie etwa bei Twint & Co. massgeblich begleitet. Sind sie zufrieden mit dem Erreichten?
Der Zahlungsverkehr hat sich in den letzten zehn Jahren tatsächlich rasant und sehr positiv entwickelt, sowohl bezüglich Transaktionsvolumen als auch hinsichtlich des technischen Fortschritts. Die Anzahl Transaktionen wächst rund sechs bis acht Prozent pro Jahr und die Innovationskraft der Branche ist sehr hoch.
Twint hat sich trotz anfänglicher Skepsis in der Schweiz als führende mobile Zahlungsmethode etabliert und konnte insbesondere während der Pandemie nochmals stark zulegen. Ich bin überzeugt, dass diese Dynamik dank fortschreitender Digitalisierung und Verhaltensveränderungen bei Konsumenten und Händlern auch künftig anhält.
Und was kommt noch – wohin geht die Reise? Werden wir mal mit einem Augenzwinkern zahlen können?
Das ist schon heute Realität. In China bietet Alipay mit «Smile-to-Pay» die Möglichkeit, basierend auf Gesichtserkennung zu bezahlen. Auch andere Anbieter lancieren biometrische Bezahlmethoden. Ich bin überzeugt, dass sich solche Angebote dank überragender «User Experience» etablieren werden, wobei selbstverständlich der Datenschutz gewährleistet sein muss.
Weitere wichtige Trends sind Bezahlmethoden, die direkt das Bankkonto des Kunden belasten – sogenannte Account-to-Account Payments –, die bereits erwähnte Akzeptanz von Zahlungen mit Hilfe des Mobiltelefons, also softPOS, oder die Verknüpfung von Zahlungsmittel und elektronischer Identität. Daraus werden sich sehr viele neue Anwendungsmöglichkeiten ergeben.
Wie zahlen Sie persönlich am liebsten?
Ich bezahle praktisch ausschliesslich mit dem Mobiltelefon, im Inland mit Twint, im Ausland mit Kreditkarte oder auch Apple Pay.
Eine letzte Frage: Ist es möglich, dass es in Zukunft die EINE digitale Zahlweise by Worldline geben wird? Dass man nicht x Wallets, QR-Scans und sonstige Apps auf dem Smartphone braucht, um überall sicher zahlen zu können?
Ich glaube nicht, dass es künftig diese eine Zahlungsmethode geben wird. Bargeld, Karten, mobile Bezahlmethoden, Crypto-Wallets, CBDCs und neue Innovationen werden parallel existieren. Letztlich entscheidet der Kunde oder die Kundin, welche Zahlweise er oder sie bevorzugt. Händlern wird aber Worldline auch künftig alle Möglichkeiten aus einer Hand anbieten.
Interview: Matej Mikusik