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Unternehmen und Märkte

DHL steigt in den Schweizer Binnen-Paketmarkt ein

Günter Birnstingl, CEO DHL Parcel (Switzerland) AG. Bild: HANDEL HEUTE / DHL

Das neu gegründete Unternehmen DHL Parcel (Switzerland) AG belebt den (lukrativen) Schweizer Paketmarkt, denn seit September ist die Firma in das Paketversandgeschäft innerhalb der Schweiz eingestiegen. Damit greift DHL die klare Nummer eins im Schweizer Paketmarkt, die Schweizerische Post, voll an. HANDEL HEUTE unterhielt sich exklusiv mit Günter Birnstingl, CEO der DHL Parcel (Switzerland) AG.

  

Interview: ROBERT ALTERMATT & MATEJ MIKUSIK


HANDEL HEUTE ------ Herr Birnstingl, DHL hat vor Kurzem in der Schweiz die Firma DHL Parcel (Switzerland) neu gegründet. Skizzieren Sie doch bitte kurz und knapp das Geschäftsmodell.
Günter Birnstingl: Das Geschäftsmodell ist der Versand und die Auslieferung von Paketen an Privatkonsumenten am nächsten Werktag. Wir sind im europäischen Kontext ein grosser und kompetenter Partner von E-Commerce-Händlern. Bisher hatten wir einen weissen Fleck, der da hiess: die Schweiz! Wir haben die ganze Situation sehr genau analysiert und sind zum Schluss gekommen, dass wir mit unserer neu gegründeten Firma ab Anfang September 2018 den Schweizer Online-Händlern, aber auch den Schweizer Konsumenten eine Alternative im E-Commerce-Geschäft anbieten. Wie Sie sicherlich wissen, hat DHL grosse Erfahrungen im Versand von Paketen, die aus den Themen Online-Bestellungen entstehen und deren Zielgruppe der private Konsument ist.

 

Was sind die Beweggründe für diese Neugründung in der Schweiz?
Wir sind Europa- und weltweit tätig als Dienstleister im Bereich E-Commerce. Wir haben mit dem Markteintritt in die Schweiz lange gewartet, vor allem wegen der Zoll-Thematik, weil die Schweiz nicht EU-Mitglied ist und auch, weil die topographischen Begebenheiten der Schweiz herausfordernd sind. Wir bieten nun unsere neuen Services auch in der Schweiz flächendeckend an.


Wollen Sie damit die Schweizerische Post, den hiesigen Platzhirsch, im Schweizer B2C-Paketgeschäft mit voller Breitseite angreifen?
Angriff ist hier das falsche Wort. Wir wissen, dass die Schweizerische Post als Traditionsunternehmen eine Institution ist und dabei gute Arbeit verrichtet. Wir sind aber der Meinung, dass es im Schweizer B2C-Paketgeschäft neben der Schweizerischen Post absolut Platz für einen weiteren qualitativ starken Anbieter, wie wir einer sind, hat. Wettbewerb belebt das Geschäft! DHL Parcel (Switzerland) AG ist mit über 400 ServicePoints (Paketstellen) in der Schweiz gestartet.


Liegt der Fokus dabei in erster Linie auf städtischen Ballungszentren?
Wir sind im Schweizer Paketmarkt flächendeckend unterwegs, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. Klar ist aber auch, dass die Ballungszentren eine höhere Dichte an ServicePoints benötigen. Wir wollen bis Ende dieses Jahres die Anzahl der Paketstellen fast verdoppeln, konkret sind 650 bis 700 ServicePoints geplant. Im Jahr 2019 werden wir sicherlich eine vierstellige Anzahl an DHL ServicePoints anbieten. Bei den ServicePoints wird DHL Parcel (Switzerland) AG explizit mit lokalen Partnern zusammenarbeiten.


Wer sind diese Partner?
Wir von DHL verstehen uns als Dienstleister, kommend aus dem Internet- und E-Commerce-Bereich, der für den stationären Handel häufig auf den ersten Blick eine Art "Feindbild" darstellt. Trotzdem haben wir nun mit diesen ServicePoint-Partnern eine Partnerschaft geschlossen. Ich denke, dass davon beide Seiten etwas haben, denn vielfach sind das kleine Gewerbetreibende, die lokal und stationär tätig sind und die in ihrem ureigensten Kerngeschäft unter dem Internet-Einkauf ein Stück weit leiden. Wir von DHL geben mit unserem Konzept diesen Partnern die Möglichkeit, ihnen je nach Frequenz und Lage bis zu 30 neue potenzielle Kunden pro Tag ins Geschäft zu bringen.


Welche Voraussetzungen müssen ihre Partner erfüllen?

Unser Konzept der Zusammenarbeit funktioniert mit Hilfe des technischen Hilfsmittels Smartphone. Heisst konkret: wer unser ServicePoint-Partner sein will, braucht ein Smartphone und benötigt unsere App. Die ganze Zusammenarbeit zwischen ServicePoint-Partner und DHL läuft über diese App. Das macht den Prozess sehr einfach für den Partner, produziert wenig Papier und entspricht den Möglichkeiten des heutigen Zeitalters.


Welche Services offeriert DHL Parcel (Switzerland) AG seinen Kunden?
Wir bieten einen schnellen Versand: Bei Paketen, die von Montag bis Freitag zum Versand aufgegeben werden, erfolgt die Zustellung standardmässig am nächsten Werktag, inklusive Samstag. Einzige Ausnahme sind Pakete, die am Samstag zum Versand gebracht werden, diese werden am darauffolgenden Dienstag ausgeliefert. Die Lieferzeiten sind komfortabel. In Zürich kommen Pakete bis 20.00 Uhr beim Empfänger an. Dieser Service wird kontinuierlich auf andere urbane Gebiete ausgeweitet. Ein wichtiges Anliegen ist das Thema Sicherheit: Die Pakete werden bis an die Wohnungstür gebracht und nur persönlich gegen Unterschrift ausgehändigt. Die Zustellung wird via Pre-Alert-SMS oder Email angekündigt und kann online getrackt werden. Unsere Kunden profitieren auch von einem erweiterten Service: Kann der Empfänger das Paket nicht entgegennehmen, wird es am nächst gelegenen DHL ServicePoint hinterlegt. Ein weiterer Punkt ist das einfache Handling. So können abgehende Pakete zu Hause frankiert und dann einfach und bequem am nächsten DHL ServicePoint aufgegeben werden. Letzter Aspekt ist die transparente Tarifstruktur: Die Versandkosten für Privatkunden richten sich gewichtsunabhängig ausschliesslich nach den Aussenmassen. Für die Ermittlung des Tarifes werden lediglich die Masse der kürzesten und längsten Paketseite addiert und einer der vier Tarifklassen von S bis XL zugeordnet.


Warum ist der Markteintritt von DHL im Schweizer Paket-Binnenmarkt erst jetzt erfolgt, also vergleichsweise spät?
Einerseits ist die Eintrittsschwelle in den Schweizer Markt relativ hoch, zudem präsentiert sich der hiesige Binnenmarkt anders als der EU-Raum. Andererseits haben wir hier sehr bewusst das Thema der Qualität und der Leistung in den Vordergrund gestellt. Der Ansatz für uns war, flächendeckend tätig zu sein. Weitere Herausforderungen sind die Mehrsprachigkeit und die anspruchsvolle Topographie des Landes. Gerade im ländlichen Raum sind Belieferung und Abholung wirtschaftlich und logistisch anspruchsvoll. Unsere Devise lautet: Wenn wir hier in der Schweiz eine Unternehmung lancieren, dann machen wir es richtig. Wir von DHL gehen nicht einfach in einen Markt rein und verschwinden dann nach sechs Monaten wieder.


Weshalb sollen sich künftig Kunden für die Services von DHL Parcel (Switzerland) AG entscheiden?
Wir wollen ein ernsthafter und qualitativ hochwertiger Partner für den Versandhändler sein und sind überzeugt davon, dass ein zusätzliches Angebot das Geschäft belebt. Wir sind innovativ - so etwa stellen wir in Ballungszentren Pakete auch am Samstag zu und wir werden das Thema einer Abendzustellung salonfähig machen.


Welche Herausforderungen stellt der boomende Online-Handel an Logistiker wie DHL?
(lächelt...) Die Herausforderung beginnt jeweils kurz vor dem 24. Dezember, der wie immer überraschend kommt, wobei die Paketmengen im Vorfeld stark anschwellen. Spass beiseite - es geht um das Thema Ressourcen, um die zeitgerechte Zustellung vor solchen Spitzenzeiten. Wir befinden uns, zumindest aus europäischer Sicht, in einem Segment, das mit zweistelligen Wachstumsraten konfrontiert ist. Marktforschungen sagen, dass der Paketmarkt in den nächsten Jahren um durchschnittlich zehn Prozent wachsen wird. Kommt dazu: Der Privatkonsum scheint ungebrochen zu sein, die Nutzung des Internets nimmt immer stärker zu, der Einkauf über ein Smartphone hat mittlerweile den Einkauf über den PC schon fast abgelöst. Die junge Generation nutzt immer stärker die mobilen Hitech-Geräte (Devices). Von daher ist es logistisch immer wieder ein Thema, dass man als Unternehmen in die Zukunft schauen muss und sich immer wieder neu erfindet, und neue Lösungen vorhanden sein müssen. Das geht nur, indem man zeitgerecht Ressourcen für die Bewältigung der (Paket-)Mengen bereitstellt.


Was fasziniert Sie täglich an Ihrem Job?
Meine Arbeit stellt für mich täglich eine neue Herausforderung dar, ich bin täglich mit Überraschungen konfrontiert. Insbesondere die Beziehung zu den Privatkunden empfinde ich als hoch spannend, weil diese zunehmend qualitätsbewusster sind und fordernder auftreten. Das finde ich aufregend.


Welche Kunden haben Sie auf der Business-Seite im Visier?
Wir fokussieren uns im Schweizer Markt sowohl auf kleine Online-Händler als auch auf grosse Versand- und Online-Händler.

Wie sieht es mit dem Pricing von DHL Parcel (Switzerland) für die Kunden aus?
Wir von DHL positionieren uns in der Preisgestaltung in der Schweiz mit attraktiven Preisangeboten. Gerade weil wir starke Partner an der Hand haben und weil wir eng mit unserer Schwesterfirma, der Firma DHL Express, die in der Schweiz seit 40 Jahren am Markt präsent ist, zusammenarbeiten, profitieren wir auf der Kostenseite von Vorteilen und können diese unseren Kunden weiterreichen. Gleichzeitig werden wir aber nicht mit Dumpingpreisen auf den Markt gehen.


Wo sehen Sie DHL Parcel (Switzerland) in fünf Jahren?
Wir werden dann im Schweizer Paketmarkt die starke Nummer zwei sein!

 

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Zur Person Günter Birnstingl
Günter Birnstingl, der aktuell als CEO DHL Parcel (Switzerland) für das Geschäft in der Schweiz verantwortlich zeichnet, ist ein überaus erfahrener Logistikexperte. Der 55-jährige Österreicher arbeitet seit 1990 in Diensten des DHL-Konzerns, wo er zunächst verschiedene Positionen bei DHL Express Austria GmbH bekleidete. Birnstingl ist seit März 2015 CEO von DHL Parcel Austria GmbH. Seit Juli dieses Jahres fungiert Günter Birnstingl neu auch als CEO und Präsident des Verwaltungsrats der DHL Parcel (Switzerland) AG. Der österreichische DHL-Manager ist Vater eines Kindes.



Neues Angebot von DHL in der Schweiz

DHL Parcel (Switzerland) wird ab September 2018 nationale und später internationale B2C- und C2X-Produkte in der Schweiz etablieren, die sich unter anderem durch flexible Empfängerlösungen, Lieferungen am Folgetag, standardmäs-sige Zustellungen auch am Samstag und bis 20 Uhr, flexible Retourenlösungen sowie persönliche Paketübergaben auszeichnen. Ziel ist es, die Paketzustellung so bequem wie möglich zu gestalten.