Ein Augenschein vor Ort offenbart, dass die «Mode 2 Garage»-Lokalität Start-up-Charme verströmt. Gestapelte Euro-Paletten als Sitzgelegenheiten, knallrote Sofas und lässig von der Decke hängende Glühbirnen signalisieren, dass es sich hierbei nicht um einen nüchternen Konferenzraum, sondern um einen Ort handelt, in dem auf eher unkonventionelle Art Ideen schnell und direkt geboren, ausgetauscht und umgesetzt werden. Kurz: es geht beim «Mode 2 Garage»-Projekt um schnelles Prototyping, es geht darum, schnell zu Ergebnissen zu kommen. Die Umgebung im «Switzerland Innovation Park» in Dübendorf ist für «Mode 2 Garage» ideal, ist sie doch ausgesprochen offen und kreativ, denn im Innovationspark sorgen verschiedene Start-up-Firmen und die ETH Zürich mit ihren verschiedenen Spin-off-Unternehmen für ein befruchtendes Klima und einen exzellenten Wissensaustausch.
Daniel Kölsch, Senior Solution Architect SAP Leonardo bei SAP (Schweiz) AG, ist Treiber und Mit-Initiator des ungewöhnlichen und mutigen Experiments «Mode 2 Garage». Er erklärt: «Wir nutzen dieses Konzept, um gemeinsam mit unseren Kunden und unseren eigenen Experten Innovationsthemen und -vorhaben vorzubereiten, zu planen und auch durchzuführen.»
Greifbare Prototypen
Die Resonanz seitens der Kunden auf das «Mode 2 Garage»-Konzept fällt bis jetzt überwiegend positiv aus. Den Kunden gefällt nicht zuletzt auch der geschützte Rahmen dieses Konzepts, eine Idee konkret sowie greif- als auch sichtbar zu machen. Genau das war beim Use case mit der Glacé- und Biscuitherstellerin Midor AG (siehe nebenstehende Box) der Fall. Gemeinsam entwickelte der Kunde Midor mit den SAP-Spezialisten eine intelligente Glacé-Kühlbox, beispielweise für Schwimmbäder oder Restaurants. Das Gerät sollte dergestalt modifiziert werden, dass dieses bei tiefem Bestand automatisch neue Bestellungen vornehmen kann. So lautete zumindest der Plan. Dass es dann aber anders kam, lag daran, dass der zu Beginn der «Mode 2 Garage»-Woche kontaktierte Betreiber eines Freibads dem IT-Leiter von Midor erklärte, die konzipierte Funktion sei für ihn uninteressant. Für ihn wäre es viel nützlicher, wenn die Geräte die gesamten Verkäufe sämtlicher Schwimmbäder auswerten würden und er so entsprechende Einkaufsvorschläge, z.B. für besonders gut laufende Eissorten, bekäme. Gesagt, getan. Der Einwand des Freibad-Betreibers wurde für gut befunden und floss unmittelbar in die weitere Entwicklung der Prototypen-Eistruhe von Midor ein.
«Mode 2 Garage» konzentriert sich vom Konzept und vom Ablauf her auf ein einziges Unternehmen, das bereits eine konkrete Idee mitbringt. Meistens handelt es sich bei diesen Ideenvorschlägen um kleinere technische Prototypen oder um klickbare Mockups, so dass die SAP-Experten und die Teams des Kunden etwas wirklich Greifbares in der Hand halten. Die Protypen werden innerhalb von fünf Tagen entwickelt.
Skalierbare Lösung
Die «Mode 2 Garage»-Woche startet am ersten Tag mit einem Innovations-Workshop. Mit Kreativ- und Design Thinking-Methoden wird die Prototypen-Idee auf Herz und Nieren geprüft, analysiert und geschärft, damit alle an diesem Projekt beschäftigten Personen genau wissen, was das Ziel des Konzepts ist und auf was genau letztlich hingearbeitet wird. Ab dem zweiten Tag geht die Projektwoche schnurstracks in den praktischen Teil über. Kölsch: «Ab diesem Zeitpunkt wird in die Tasten gehauen.»
Aus sechs Personen bestehende Teams – bestückt mit jeweils drei Spezialisten des Softwarekonzerns sowie drei Experten auf Kundenseite – setzen sich vom zweiten bis zum vierten Tag zusammen, brüten neue Ideen aus und erarbeiten Vorschläge, so dass am Ende im Idealfall eine skalierbare Lösung entsteht. «Mode 2 Garage» basiert auf SAP-Technologie. Die Prototypen werden in zwei bis drei Tagen aufgebaut. Am letzten Tag werden die entwickelten Prototypen live vorgeführt, ab und an auch einem erweiterten Kreis von Führungskräften des jeweiligen Unternehmens.
Kölsch ist vom «Mode 2 Garage»-Konzept überzeugt: «Aus einer solchen Projektwoche entstehen verschiedene Vorteile. Einerseits sind wir zum Schluss gekommen, dass man in kurzer Zeit mit den entsprechenden Experten etwas sehr Greifbares aufbauen und dann unmittelbar in eine Validierungsphase übergehen kann. Zudem haben sowohl der Kunde als auch wir Planungssicherheit – das heisst: wir wissen jetzt, welche Tools und Konzepte funktioneren und auf welchem Weg wir uns befinden. Zum anderen hat man eine bessere Übersicht, wie ein Projekt ablaufen wird, weil sich die Beteiligten intensiv damit auseinander gesetzt haben und dabei ein Umsetzungsplan herausgekommen ist. Zuguterletzt lässt sich dank der ‹Mode 2 Garage› eine technische Machbarkeit vorweisen.»
Nicht jedes realisierte Projekt ist erfolgreich. Das liege in der Natur des so genannten «Try-fast-fail-fast»-Ansatzes, welcher der schnellen Validierung von frühen Produktideen dient. Daniel Kölsch: «Ich erachte es als Riesenvorteil, wenn man mit Design Thinking-Methoden beginnt, weil man damit sehr schnell vermeiden kann, in eine falsche Richtung zu gehen.»