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Technologie und Logistik

Weltweit erster Brennstoffzellen-Lkw für Coop erhält Zulassung

Der von der Zürcher Firma Esoro für Coop entwickelte Brennstoffzellen-Lastzug hat grünes Licht erhalten: Der Chefexperte des Strassenverkehrsamtes Emanuel Schubiger übergibt Esoro-CEO Diego Jaggi das Kennzeichen ZH 777'201, links Projektleiter Stefan Camenzind, rechts Leiter Technik Urs Fröhli. Bild: Esoro

Die Firma Esoro mit Sitz im zürcherischen Fällanden hat die Strassenzulassung für den von ihr für das Detailhandelsunternehmen Coop gebauten und entwickelten Brennstoffzellen-Lastwagen erhalten. Der Zulassung vorangegangen sind nach der ersten Präsentation am 4. November 2016 monatelange Tests über mehrere Tausend Testkilometer und eine intensive Zusammenarbeit mit den Behörden. Der Lastwagen verfügt über einen Kühlaufbau sowie über einen Kühlanhänger und wird künftig die Filialen des Grossverteilers Coop mit Produkten versorgen.

Keine Abgase, Energie aus dem Wasserkraftwerk, der Anhängerzug mit Brennstoffzellenantrieb ist eine Schweizer Pionierleistung der Zürcher Engineering-Firma Esoro und ihrer Partner. Autos mit Brennstoffzellen gibt es bereits, Lastwagen die den Ansprüchen der Coop-Logistik genügen, dagegen bisher nicht. Denn die Anforderungen sind weit höher. Lastwagen fahren im kommerziellen Betrieb täglich während zehn bis zwölf Stunden und müssen möglichst hohe Nutzlasten transportieren. Dazu kommen energiehungrige Nebenaggregate wie Kühlanlagen und hydraulische Hebebühnen. Der Lastwagen von Esoro erfüllt nun als erstes Brennstoffzellenfahrzeug die Anforderungen des kommerziellen Einsatzes – und der der Schweizer Strassenverkehrsämter.

Komplett CO²-frei dank Wasserstoff aus Wasserkraft
Angetrieben wird das Fahrzeug von einem Brennstoffzellensystem, das von der Firma Swiss Hydrogen in Kooperation mit Esoro entwickelt wurde und das kontinuierlich Strom aus Wasserstoff erzeugt. Der Lastwagen trägt somit sein eigenes Kraftwerk immer mit sich. Die Brennstoffzelle liefert direkt Strom an den Motor oder lädt alternativ die relativ kleine Batterie, welche wiederum den Elektromotor antreibt. Die Energie zum Beschleunigen kommt hauptsächlich aus der Batterie. Beim Bremsen dient sie als Zwischenlager für den zurückgewonnenen Strom.

Der Wasserstoff wird mittels Elektrolyse von der Firma H2 Energy am Wasserkraftwerk der IBAarau hergestellt und dann an die Coop-Pronto-Tankstelle im nahen Hunzenschwil gebracht. Das Kraftwerk produziert den Wasserstoff immer dann, wenn die Strompreise tief sind und tendenziell zu viel Strom zur Verfügung steht. Somit hilft das System, Schwankungen im lokalen Netz zu kompensieren. Der Lastwagen fährt somit im geschlossenen Wasserkreislauf immer komplett CO²-frei.

Konstruktiv-kooperative Mitwirkung des Zürcher Strassenverkehrsamts
Für Esoro ist die nun erfolgte Strassenzulassung ein grosser Erfolg. Denn ein Fahrzeug kann nur auf öffentlichen Strassen betrieben werden, wenn es die behördlichen Auflagen bis ins letzte Detail erfüllt. Bei neuen Technologien sind die Standards aber oft erst im Entstehen begriffen. Für die bisher abgespulten 3500 Testkilometer war der Lastwagen mit einem Unternehmens-Nummernschild unterwegs, dessen Benützung sehr strikten Beschränkungen unterliegt. Ab sofort kann er von jedem Chauffeur mit einem entsprechenden Ausweis gefahren werden.

Im Hinblick auf die Zulassung wurde schon vor Projektbeginn mit allen Zulieferern vereinbart, welche Bedingungen und Standards die entsprechenden Teile zu erfüllen hatten. Diego Jaggi, CEO von Esoro, sagt denn auch: «Allein die Zulassung und die Erstellung der nötigen Dokumentationen umfasst etwa zwanzig Prozent der gesamten Projektarbeit». Dem kam die konstruktiv-kooperative Einstellung des Zürcher Strassenverkehrsamts entgegen. Die dortigen Experten sind neuen Technologien gegenüber sehr aufgeschlossen und haben sich intensiv mit den technischen Details des Lastwagens befasst.

Weltweit erster Brennstoffzellenlastwagen der 35-Tonnen-Klasse
Der Esoro-Brennstoffzellen-Motorwagen ist als erster in der Schweiz mit einem Gewicht von 19 statt 18 Tonnen zugelassen. Aufgrund einer neuen Regelung dürfen abgasfreie schwere Nutzfahrzeuge mit Alternativantrieben bis zu einer Tonne schwerer sein als konventionelle Lastwagen, um das höhere Gewicht des umweltfreundlichen Antriebs auszugleichen. Der Anhänger verfügt über ein Maximalgewicht von 16 Tonnen. Der gesamte Lastzug hat somit ein zugelassenes Maximalgewicht von 35 Tonnen. Die Reichweite mit einer Tankfüllung Wasserstoff beträgt 400 Kilometer. Das Betanken dauert rund neun Minuten. Der Esoro-Brennstoffzellen-Lastzug wird künftig im normalen Betrieb Coop-Filialen auch mit Frischprodukten beliefern. Damit sollen die bisher in Testfahrten erarbeiteten Daten im Realbetrieb bestätigt werden.

Esoro ist bereits seit 1990 präsent
Die Firma Esoro wurde 1990 von Diego Jaggi gegründet. Sie beschäftigt heute 14 Mitarbeitende und arbeitet als so genannter Auftragsentwickler für die internationale Automobilindustrie. Die Firma bietet Innovationen, Engineering, Prototypenbau und Serienvorbereitung an. Kernkompetenzen von Esoro liegen in den Bereichen Leichtbau, alternative Antriebe Konzeptfahrzeuge, Produktentwicklung und Systemintegration. Bereits 1987, drei Jahre vor der eigentlichen Firmengründung, hat der heutige CEO Diego Jaggi mit dem «Esoro E2» eines der allerersten Zürcher Elektrofahrzeuge mit Strassenzulassung vorgestellt. Dem folgten 1992 der verbesserte «Esoro E301». 1994 wurde der «Esoro H301» für den Strassenverkehr zugelassen, als erster Plug-in-Hybrid der Schweiz und noch vor allen Grossserienherstellern. 2001 stellte Esoro mit dem «HyCar« und der «HyStation» das erste Brennstoffzellenfahrzeug der Schweiz vor, zusammen mit einer mobilen Wasserstoff-Betankungsanlage. Esoro ist als Unternehmen unabhängig, Eigentümer sind Geschäftsleiter und die Mitarbeitenden.